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Ist Klopp noch zu retten?

Außer Kontrolle: Der BVB-Coach ist reif für die Wut-Analyse. Für die WILD-Zeitung nehmen dazu zwei Mimik-Experten das Klopp-Gesicht unter die Lupe.

Foto: IMAGO/DEFODI

Der Urschrei: Jürgen Klopp beherrscht ihn wie kein Zweiter.

Eins zu zwei. 90. Minute. Er hat sich kaum noch unter Kontrolle. Die 80.000 schreienden Menschen um ihn herum: Vergessen. Die mehr als 15 Kameras im Stadion: Verdrängt. Der Schiedsrichter: Egal. Nichts wird ihn aufhalten können. Es braucht nur eine Kleinigkeit, dass er explodiert. Dann ist es soweit: Diesmal schaltet ein Freistoßpfiff seinen Verstand aus. Mit fletschenden Zähnen und Gebrüll stürzt er sich auf sein Opfer, donnert ihm seine Meinung ins Gesicht – und landet am Ende auf der Tribüne. 10.000 Euro Strafe gibt’s obendrauf.

Jürgen Klopp (46) ist Wiederholungstäter. 58.000 Euro musste er schon für seine Ausraster zahlen, achtmal sah er die Rote Karte. Besserung ist nicht in Sicht. Die WILD-Zeitung fragt sich: Ist “Kloppo” noch zu retten? Eine Analyse der schlimmsten Fratzen des Dortmund-Trainers soll Aufschluss bringen.

 

Zwei voneinander unabhängige Experten nehmen einen zunehmenden Verlust der Kontrolle über die eigene Mimik bei Klopp wahr. Für Mimik-Analyst Dirk W. Eilert ist der Gesichtsausdruck des Trainers kaum heftiger möglich: “Die einzige Steigerung zum Auftritt in Neapel wäre, wenn er zusätzlich die Augenbrauen zusammen- und die Oberlider hochziehen würde. Also ein stechender Blick.” TV-Coach Caroline Krüll erkennt in der Szene aus dem vergangenen Spiel gegen Mönchengladbach eine deutliche Aggressionsbereitschaft: “Er hält die Hände zurück, um nicht zuzuschlagen.” Nicht zu kontrollieren, pure Aggressivität, kurz vorm Zuschlagen: Muss “Kloppo” gestoppt werden?

Nach Meinung von Steffen Simon (49) keinesfalls. Im Gespräch mit der WILD-Zeitung sagt der WDR-Sportchef, das Klopp-Thema werde für ihn zu sehr dramatisiert: „Dass er hin und wieder vielleicht mal die Unverbindlichkeit verliert… ja, mein Gott! Ich find’s nicht schlimm.“ Für Simon ist Klopp so, wie er ist. „Es gibt Menschen, die verstellen sich. Egal, wo man Klopp begegnet: Er ist einfach immer er selbst. In seiner Emotionalität und seiner Authentizität ist er schon immer so gewesen. Er war einfach schon immer ehrlich geradeaus“, so der Sportreporter.

Doch ist Klopp wirklich so, wie er schon immer war? Hatte Klopp schon immer einen Hang zur Aggressivität?

Foto: Imago

1997, Vorbereitung von Mainz 05

Wir gehen zurück ins Jahr 1997: Klopp ist Stammspieler in der zweiten Liga bei Mainz 05. Für die WILD-Zeitung haben sich die Mimik-Experten Eilert und Krüll die alten Fotos noch einmal angeschaut. TV-Coach Krüll attestiert dem Verteidiger von einst eine „entspannte Körperhaltung“. Auch Analyst Eilert sieht im Klopp von damals noch einen Mann unter Kontrolle: „Er zieht die Augenbrauen zusammen und spannt die unteren Augenlider an. Den Kiefer schiebt er seitlich leicht nach vorne, die Unterlippe ist angespannt. Insgesamt ein Hinweis auf kontrollierten Ärger.“ Aber wann hat Klopp die Kontrolle verloren?

Zwei Jahre später wird Klopp über Nacht vom Spieler zum Trainer. Danach geht es für ihn nur noch in eine Richtung: Nach oben. Klopp schafft den Klassenerhalt, packt den Aufstieg, wird WM-Experte beim ZDF. Ganz Deutschland kennt ihn plötzlich. 2008 der Wechsel zum BVB. „Kloppos“ Krönung. Doch mit dem Erfolg kommt der Druck. Eilert sieht darin den Grund für die Gesichts-Eskalation 2010: „Je höher der Druck, desto höher ist auch das Erregungslevel. Hier ist die Oberlippe hochgezogen, die untere Lippe angespannt, die Nasenflügel sind aufgebläht. Die Emotionen überfluten ihn.“ Ein Zeichen für den Verlust der Impulskontrolle. Auch Krüll bezeichnet die Mimik als „unkontrollierbar“.

Foto: AP

2010, Dortmund – HSV

Was eigentlich nicht schlimmer werden kann, wird noch schlimmer – 2013 beim Champions-League-Spiel in Neapel. „Das Gesicht ist rot. Die Oberlippe ist hochgezogen. Den Kiefer schiebt Klopp deutlich nach vorne. Die Augenbrauen zieht er drohend nach oben, auch körperlich bäumt er sich auf. Das sind nonverbale Zeichen, die Ärger und Ekel ausdrücken“, erklärt Eilert. Der BVB-Vulkan überschreitet die natürliche Distanz. Mimik-Fachmann Eilert: „Das ist eine Drohgebärde.“ Nach Monaten der Zurückhaltung am Wochenende dann der Rückfall. Die Frage drängt sich auf: Ist Klopp noch zu helfen, bevor er handgreiflich wird?

Eilert sagt JA: „Er kann mit Selbstcoaching-Übungen lernen, den Ärger zu regulieren. Schon drei Sitzungen würden einen deutlichen Unterschied bewirken.“ Ob Klopp diese Hilfe annehmen würde, wissen wir nicht. Hoffentlich ist aber spätestens jetzt die persönliche Wutgrenze erreicht. Denn klar ist: Ein wilder Klopp ist der Hammer, ein kloppender Klopp wäre ein Jammer.

Daniel Mituta (27) ist mit seinem Kopf im Schwitzkasten gefangen. Er würde gerne raus, darf aber nicht. Jetzt schreibt er ganz passabel über Sport. Auch okay. Weitere Artikel von Daniel Mituta
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